Granate Xhaka!
Seine Klasse zeichnete sich schon früh ab, wie geneigte heschghört Leser wissen.
Drohne, Serbien, Albanien, Europaqualifikation, Spielabbruch. Mehr muss ich nicht sagen, jeder weiss, um was es geht. Was niemand weiss, ist die Frage, wie es weitergehen soll. Auch am Tag 2 nach dem Spiel.
Der Sport wird von den Sportverbänden oft als völkerverbindend bezeichnet. Unpolitisch sei er, haben wir auch bei den letzten olympischen Spielen in Sotschi gehört. Dem ist nicht so. Sport ist seit jeher äusserst politisch. Es kommt – zum guten Glück – einfach äusserst selten zu solch gravierenden Vorkommnissen wie am 14. Oktober in Belgrad. Ein paar Beispiele gefällig?
Es geht hier nicht um Vollständigkeit, sondern darum zu zeigen, dass Sportverbände noch so scheinheilig tun können, der Sport ist politisch und wird von der Politik immer wieder instrumentalisiert. Machthaber sonnen sich darin, dass die ganze Welt auf ein Grossereignis in ihrem Land schaut, der Medaillenspiegel an Grossereignisse wird zur Machtdemonstration (was nebenbei in gewissen Ländern dazu führt, dass Sportler nur für solche Grossanlässe „herangezüchtet“ werden) und gerade in Mannschaftssportarten gilt der Sieg gegen einen politischen Gegner oft mehr als die daraus resultierenden Punkte.
Aber was soll man tun. Spiele zwischen solchen Nationen wie Serbien und Albanien verbieten, obwohl der Prozentsatz an solchen, welche nicht nur mit Worten, sondern auch Fäusten zuschlagen, wohl nicht sehr viel höher ist, als wenn Deutschland und Polen gegeneinander spielen. Verbote und Sanktionen sind Massnahmen, um zu zeigen, dass man handelt und das Geschehene nicht gutheisst. Das Grundproblem löst man aber nicht.
Es würde schon helfen, wenn wir uns alle ehrlich zugestehen, dass der Sport ein Abbild der Gesellschaft ist und diese nicht apolitisch ist. Es wird Sanktionen gegen Serbien und Albanien geben, man wird darüber sprechen, dass der Sport ein Opfer ist und instrumentalisiert wurde. Aber es wird nicht der letzte Vorfall sein und bleiben.
Valentin Stocker war beim FCB eine feste Grösse. Nun ist er in der Bundesliga und muss unten durch. Ein Millionentransfer garantiert keinen Stammplatz. Fehlentscheid? Zu schwach für die Bundesliga? Mitnichten! Valentin Stocker lernt gerade ein neues Umfeld kennen. Er muss sich beweisen, jeden Tag zeigen, dass er in die Stammelf will und dorthin gehört. Wie das ist, kann er sich bei einem kurzen Telefonanruf nach Basel kurz bestätigen lassen. Heute ist es beim FCB unter Paulo Sousa nicht anders. Seine Zeit wird kommen. Geduld ist gefragt. Situationen wie die aktuelle bringen einen Spieler weiter. Das zeigt das Beispiel Granit Xhaka bei Borussia Mönchengladbach. Im Fussball geht es schnell. Ein Spieler ist gesperrt, verletzt und dann erhält man eine Chance, die man nutzen muss. Der einzige Unterschied in der Bundesliga ist der, dass man, wird man eingesetzt, wenig Eingewöhnungszeit erhält. Man muss sich sofort beweisen. Deswegen kämpft man dort nicht nur an den Wochenende sondern jeden Tag um einen Stammplatz. Valentin Stocker weiss das und wenn er Geduld an den Tag legt, wird er auch bei Hertha Berlin zur festen Grösse. Bestimmt.
Eigentlich ist es „unsre FCB“. Er gehört der ganzen Region. Aber das hier ist meine Ode an meinen FCB. Es ist eine Geschichte, wie sie es zu Tausenden gibt, aber es ist meine persönliche Geschichte und nach dem historischen Ereignis des fünften Meistertitels in Folge, gibt es keinen besseren Zeitpunkt, diese Geschichte zu erzählen.
Geboren wurde ich 1973, in einem Jahr, in welchem der FCB den 5. Schweizer Meistertitel seiner Geschichte holte. An Fussball dachte ich damals noch nicht. Ich erinnere mich noch bruchstückhaft an die Meisterschaft 1980. Erni Maissen war mein grosses Vorbild und anlässlich eines Textwettbewerbes der Basler Zeitung zur WM 1986 in Mexiko hab ich von ihm persönlich einen von ihm signierten Ball erhalten. Den Ball hab ich noch, auch wenn mittlerweile zwei Berner Sennenhunde und zwei Töchter damit spielen respektive gespielt haben. Der Ball hat mittlerweile „Patina“ und davon gibt es in der Historie des FCB zur Genüge.
Anfang der 80er begeisterte ich mich aber auch für den italienischen Fussball. Besonders Juve hatte es mir angetan, was weniger an Juve lag, als an einem Mann, den ich als Fussballer mehr verehrte, denn als Chef der Uefa. Bei ihm waren Freistösse wie ein Penalty und für mich war er der Inbegriff einer Nummer 10. Dann kam das Drama von Heysel. Mein Bruder und ich hatten“Sturmfrei“ und freuten uns auf einen tollen Final vo dem Fernseher. Es kam anders. Zwei Momente werde ich nie mehr vergessen. Die fassungslosen Gesichter der aus lauter Panik auf das Feld strömenden Fans und den Penalty meines Idols. Danach hatte der Fussball für mich seine Unschuldigkeit verloren. Es war aber auch der Moment, ab dem es für mich nur noch einen Klub gab: den FCB.
Wenn aus Sympathie Liebe wird
In jeder Geschichte eines FCB-Fans gibt es diesen einen Moment, wo aus Sympathie Liebe wird. Für mich war es der Cup-Halbfinal 1986 gegen Servette. Mein Onkel nahm mich mit ans Spiel. Es war ein schöner Tag im April und wir fuhren mit seinem CV 2 und offenem Verdeck Richtung Joggeli. Nach 45 Minuten lag der FCB 0:3 hinten. Mein Onkel fragt mich, ob ich nach Hause gehen wolle, als er in mein enttäuschtes Gesicht schaute. Fast trotzig verneinte ich seine Frage. Weitere 45 Minuten später wusste ich, wieso mir heute noch bei jedem Goal des FCB das Herz aufgeht. Es stand 3:3 und ein gewisser Gerd Strack, der vom 1. FC Köln zum FCB kam, hatte dreimal getroffen. Das letzte Goal viel in der 90. Minute. Wohl gemerkt, der Mann war Verteidiger oder besser gesagt Libero. Ja sowas gab es damals noch. Nach der Verlängerung hiess es 3:4 für Servette und der FCB schied aus, weil Bruno Galler auf den Penaltypunkt zeigte und Alain Geiger sicher verwandelte. Aber das Resultat war Nebensache. Ich war definitiv vom FCB-Virus bessesen. Aufholjagd, Emotionen und am Schluss enttäuscht verloren. Das war für mich der FCB meiner Jugend.
Jahrelang – auch in der Nationalliga B – ging ich an die Spiele. Nicht wegen der Gegner – wie das heute oft der Fall ist – sondern weil der FCB spielte. Die Liedzeile „Erfolg isch nit alles im Läbe“ war nie passender als in diesen Jahren. Ich trug das FCB Trikot mit Stolz. Wir gewannen keine Titel, wir gewannen Spiele und das Resultat am Wochenende bestimmte, ob ich eine gute oder schlechte Woche vor mir hatte. Es war auch die Zeit, als der FCB vor dem Konkurs stand und auch ich eine 10-Franken Note in die überdimensionalen Fahnen warf, welche die Junioren des FCB nach dem Spiel ausgebreitet hielten, um bei den Zuschauern Geld zu sammeln. „Jede Rappe zellt“, würde man heute sagen.
1994 kam der Aufstieg, ich brach aus wie ein Vulkan und dachte in diesem Moment, es werde keine schöneren in meinem Leben mehr geben. Im Fiat Panda meines mittlerweile verstorbenen Grossvaters fuhren wir zu siebt (!) durch die Innenstadt. Es war einfach nur schön. Meine Mitgliedschaft beim FCB hatte ich schon an Weihnachten 1993 beantragt. Ich wollte nicht nur Fan sein, sondern ein Teil des Klubs. In fünf Jahren bin ich Freimitglied. Ein Status, welchen ein FCB-Fan auch heute noch mit Stolz erfüllt, auch wenn mittlerweile eine AG das Sagen hat.
Gleichzeitig begann die 19 Jahre dauernde Zeit, in der ich meine Verbundenheit zum FCB auch als Sportreporter und –kommentator ausleben konnte. Die ganz grossen Momente feierte ich dann aber lieber als Fan auf den Rängen. Unvergessen auch 2002 und“ Jimmy“ Gimenez mit seinen Toren. Auch der Kettenrauchende André Sitek schoss schon Tore am Laufband, aber Gimenez war nochmals eine Nummer grösser. 12 Jahre ist es seither her und wenn ich ihn im Sommer in der Nähe bei Lugano ab und zu beim Joggen sehe, stelle ich fest, es ist fast schon eine Ewigkeit her. Titel sind fast zur Selbstverständlichkeit geworden und die Liedzeile „Erfolg isch nit alles im Läbe“ ist eine Reminiszenz an frühere Zeiten. Anders waren die Ereignisse vom 13. Mai 2006 auch nicht zu erklären. Es war bei weitem kein „Heysel-Moment“, aber dieses Mal sass ich nicht vor dem Fernseher, sondern im Stadion, nur 20 Meter von Filipescu entfernt. Nicht dort, wo er das entscheidende Goal zum 2:1 für den FCZ schoss, sondern dort, wo er von aufs Feld stürmenden Chaoten mit Füssen getreten wurde. Postwendend verliess ich das Stadion und fragt mich zum ersten Mal, was mit meinem FCB passiert war. Ich verarbeitet den Tag auf meine Weise und liess mir ein T-Shirt drucken.
„Geboren am 14. Mai – we’ll be back!“.
Und der FCB kam zurück: 2008, 2010, 2011, 2012, 2013 und nun 2014. Mit der Serie kamen aber auch die Diskussionen, um die Ausschreitungen und die Sättigung der Zuschauer aufgrund der Erfolge, die sich eingestellt haben. So sehr ich mich über die Erfolge freue, ich vermisse die Niederlagen. Es war eine Niederlage, welche für mich der entscheidende Moment meiner FCB-Geschichte ist und es sind die Niederlagen, welche für mich den FCB ausmachen, denn ich so liebe. Und so gab es gestern Abend nach den Bildern der Ausschreitungen in Aarau im grössten und historischsten Moment in der FCB Klubgeschichte Augenblicke, in welchen ich nostalgisch und wehmütig wurde. Wo ist der FCB-Geist der 80er Jahre geblieben? Eine Zeit, in welcher man die Kraft und die Hoffnung allein aus der Erinnerung an Benthaus Zeiten schöpfte und jeden Sieg wie eine Meisterschaft feierte. Mir ist klar, dass sich weder das Rad der FCB Geschichte noch jenes unserer Gesellschaft zurückdrehen lässt. Aber der Moment wird kommen, wenn es für mich heisst:
SAIT DR BABBE ZU SIM SOHN
HÜT KUNNSCH MIT INS STADION
D MAMME WO AN DER TÜRE STOHT
WEISS DAS JETZT E GSCHICHT AFOHT
Gut, ich hab zwei Töchter und Götti eines Buben bin ich auch nicht, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Beide sind wie ich in Jahren geboren, in welchen der FCB einen Meistertitel feiern durfte und ich möchte, sollten sie je vom Virus gepackt werden, dass sie sich bewusst sind, dass die Liebe zum FCB mehr ist als Titel, Champions League und ausgelassene Nächte vor dem Casino Balkon. Es geht um Leiden, Niederlagen, Emotionen und um das Bewusstsein darüber, woher man kommt. Mit anderen Worten, es geht um Dinge, wie im richtigen Leben. Es geht darum, dass Erfolg eben wirklich nicht alles im Leben ist und es geht darum, nach jedem Spiel Grösse zu zeigen.
Der Klub und seine Verantwortlichen sind sich dessen bewusst und wenn die immer grössere Fanbasis des FCB sich dessen auch bewusst(er) wird, kann ich mich in Momenten wie dem gestrigen auch wieder so freuen, wie ich das im April 1986 nach Gerd Stracks 3:3 in der 90. Minute gemacht habe.
Weil,
– Gaston Sauro mehr Vertrauen in seine Handarbeit als in Yann Sommers Qualitäten hat.
– ohne Streller offensiv nichts läuft.
– der durchschnittliche FCB Spieler zirka 900 Minuten mehr Fussball in den Knochen hat, als ein FCZler.
– die FCZ Präsidenten Gattin mehr Mut beim Coiffeur zeigt, als Murat Yakin bei seiner Taktik.
– der FCZ heisser auf den Titel war.
– das Kosten/Nutzen-Verhältnis der Offensivtransfers beim FCB diese Saison schlechter ist, als beim FCZ.
– in Zürich bei einer Cupfinalfeier der öffentliche Verkehr nicht beeinträchtigt wird.
– der ZSC noch Bier von der Meisterfeier übrig hatte.
– der FCZ die Tore machte und nur das zählt.
– der FCB (wohl zurecht), seine Gedanken schon bei GC und der Meisterschaft hatte.
Die Mahner, Rufer und Besserwisser (ACHTUNG: auch ich bin ein Besserwisser) haben nach dem Urteil der Uefa gegen den FC Basle wieder Hochkonjunktur. Allerdings nützt es nicht, böse und liebe Fans gegeneinander auszuspielen. Wir waren alle mal jung. Keine Repressalie und Regulierung der Welt, verhindert Vorkommen wie in Salzburg, solange man den Fussball nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit austragen will. Die Vergleiche mit der Premier League kann ich schon nicht mehr hören. Dort wurden die Ticketpreise so hoch angesetzt, dass sich kaum ein gewöhnlicher Fans die Tickets mehr leisten kann. Das gesellschaftliche Problem wurde über den Geldbeutel beseitigt und auf tiefere Ligen „ausgelagert“. Das funktioniert aber nur, weil Englands Fussball eine Geld- und Unterhaltungsmaschine ist, so dass die betuchte Klientel die Stadien halt trotzdem füllt. In der Schweiz ist dies nicht realisierbar, dafür ist die Liga einfach zu wenig stark. Auf der anderen Seite bewundern alle die Hingabe, mit welcher der sogenannte MK-Fans, die Fahne des Klubs auch im Ausland hochhält. Die Gesänge, welche durch englische Stadien hallten, finden auch in den englischen Medien immer wieder anerkennende Aufmerksamkeit.
Fakt ist aber, dass es eine Gratwanderung zwischen Hingabe, Engagement und ausufernden Aktionen wie Pyros und Vorkommnissen wie in Salburg gibt. Gerade auswärts – und das wird sicher jeder Psychologe bestätigen – ist diese Gefahr umsogrösser, weil man in der Minderheit ist und es den anderen zeigen will. Verfolgte man das Auftreten der Verantwortlichen und östreichischen Medien rund um das Spiel gegen Salzburg, war es auch nicht verwunderlich, dass die Fans zu solchen Reaktionen griffen. Man konnte fast meinen, Salzburg war sich des Status, welcher der FCB sich sportlich in Europa erarbeitet hatte nicht bewusst bzw. wollte ihn nicht anerkennen. Da mussten die Fans quasi zeigen, wer der FCB ist. Es braucht nur einen, der sich dann nicht im Griff hat und Tausende werden gestraft.
Das Urteil zeigt aber auch, dass der FCB mit seinen Erfolgen bei der Uefa nur eine Aussenseiterrolle einnimmt. Er hat nicht das Standing, um so bedeutend zu sein, als dass es den europäischen Wettbewerb nicht auch ohne ihn geben kann. Hochmut kommt vor dem Fall und dieser kann nicht nur Offizielle und Spieler, sondern eben auch Fans befallen. Die Frage nach Gerechtigkeit stellt sich beim Urteil nicht. Die Uefa legt die Spielregeln fest und es ist wie bei einem Unternehmen, Mitarbeiter können entlassen werden. Jeder ist ersetzbar, auch der FCB in Europa und der nächste Schweizer Klub steht bereit, um diesen Platz einzunehmen.
Noch ist es nicht soweit, auch wenn das Kapitel Europa League nun wohl ausgeträumt ist. Sich vor leeren Rängen zu begeistern, ist für einen Fussball nicht einfach, selbst wenn er nur seinen Job macht. Aber der motivierteste Mitarbeiter braucht die Anerkennung und das Lob von Mitstreitern und Vorgesetzten, um Höchstleistungen zu erbringen. Es ist zu hoffen, dass die fehlende Ambiance auch auf Valencia abfärbt.
Was bleibt vom Urteil hängen? Zwei Jahre Bewährung ist fast die schlimmste Sanktion innerhalb des Sanktionenkataloges, denn in zwei Jahren vergisst man schnell, wenn der Alltag wieder zur Routine wird. Es wird schwierig sich zwei Jahre unter Kontrolle zu haben, wenn 10 Leute das Schicksal von 10’000 mitbestimmen. Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass es schwieriger sein wird, die zwei Jahre unbeschadet zu überstehen, als einen Ersatz für Yann Sommer zu finden.
Wir wollen keine uniforme Fankultur. Der Grat zwischen Erlaubtem und Verbotenem wird und muss auch in Zukunft dünn sein, will man dies unterbinden, sterben Emotionen.
Die Basler Zeitung rollt schon mal den Teppich für den möglichen Abgang von FCB-Cheftrainer Murat Yakin aus. Sie spurt die Kommunikation der Verantwortlichen gegenüber den Fans vor. (Gute Gründe für latente Unruhe beim FCB). So kommt es einem zumindest vor, wenn man den Artikel liest. Die Marke FCB muss nicht kurz- sondern langfristig denken und da könnte der Trainer Murat Yakin keine Zukunftslösung sein. Die mag stimmen und die Verantwortlichen haben mit ihren Entscheidungen in letzter Zeit immer Recht erhalten. Ausser bei Raoul Bobadilla, aber wenn man zwischen den Zeilen liest, kann es durchaus sein, dass dessen Verpflichtung auch auf Drängen von Yakin Zustande gekommen sein könnte und es Bernhard Heusler heute noch wurmt, dass die Sache schief ging. Die Anzeichen dafür leuchteten aber von Anfang an wie der Polarstern am Himmelsfirmament.
Man kann von Yakin halten was man will, es war aber abzusehen, dass er seinen Charakter nicht ändert und sich nicht als Teil eines Unternehmen sieht. Auf jeden Fall nicht in der Weise, wie das den Verantwortlichen vorschwebt. Die Gründe für einen möglichen Abgang alleine bei Yakin zu suchen, wäre deshalb falsch. Noch ist er aber Trainer und ein durchaus erfolgreicher. Seit Christian Gross stand keiner mehr an der Linie, der eine Mannschaft so auf einen Gegner einstellen kann wie Yakin. Dabei ist es auch logisch, dass bei einem Trainer aus der Kategorie U40 mal eine Entscheidung bezüglich Spielsystem getroffen wird, die kein Mensch versteht. Irgendwie gehört das dazu. Junge Trainer müssen auch das Privileg haben, ihre Linie zu finden.
Ungeachtet der Tatsache, dass es innerhalb des Unternehmens Dissonanzen gibt, wäre es dem FCB zu wünschen, eine langfristige Lösung für den Posten zu finden. Diese kann durchaus in der Person Yakin liegen. Ein Sir Alex Ferguson oder Guy Roux waren auch nicht immer die pflegeleichtesten Trainer und führten mit der Teamleitung und den Spieler so manchen Kampf. Am Schluss zählt der Erfolg und Kontinuität ist nicht das schlechteste Rezept dafür.
Eher amüsant liest man die Randbemerkung, dass Thorsten Fink wieder auf der Matte stehen soll. Ohne Zweifel ist er ein Trainer mit Herz und Emotionen. Die Öffentlichkeit liebt ihn. Allerdings stellt man sich die Frage, wer die Trainings leiten soll und die Knochenarbeit machen müsste, wenn Thorsten Fink zurückkommt. Der Vogel ist bekanntlich ausgeflogen.
Ein alte Fussballweisheit sagt: Spieler gewinnen Spiele, Trainer verlieren diese. Genau aus diesem Grund versucht ein Trainer während eines Spieles alles zu unternehmen, dass Spiele gewonnen werden. Einfluss haben sie kaum noch, wenn das Spiel erst einmal läuft. Ein paar Zurufe hier und da, die Pausenansprache und natürlich die Auswechslungen. Wenig Einfluss also, aber viel Potential, etwas falsch zu machen.
Zwei FCB-Trainer machten in den letzten Tagen alles, um zu gewinnen, allerdings mit unterschiedlichen Erfolgen. Pep Guardiola ist ein General. Er belässt es nicht damit, dass sein Einfluss mit Anpfiff des Spiels endet. Selbst beim Stande von 3:1 für seine Mannschaft und in der 82. Minute griff er energisch ein, nur um Arjen Robben klar zu machen, dass nicht er, sondern Thomas Müller den Penalty schiessen soll. Das hat gesessen. Der Chef sitzt an der Seitenlinie.
Ein anderer Chef ist Murat Yakin. Er trifft seine Entscheidungen mit nicht weniger Konsequenz als Pep Guardiola, aber meist vor dem Spiel. Die Degen-Zwillinge oder Gaston Sauro können ein Lied davon singen. Sein System sorgt bisweilen auch mal für Verwirrung und seine Auswechslungen beeinflussen eine Mannschaft positiv oder negativ. Bisher hat es geklappt, so wie mit der Einwechslung von Matias Delgado im Champions-League Spiel gegen Chelsea. Nun aber muss auch er sich seine Gedanken machen. Die Auswechslung von Marco Streller fast 20 Minuten vor Spielschluss in der Champions-League gegen Steaua Bukarest bracht nicht die erhoffte Wirkung. Er wollte das Mittelfeld mit Mohamed Elneny dicht machen, schätzte aber die Auswirkungen auf das Konterspiel des FCB in dieser Phase schlecht ein. Keiner mehr da, der hoch angespielt werden kann und den Ball auch mal hält. Stattdessen versuchte es Mohamed Salah mit einer Schnelligkeit und seinen Dribblings im stürmischen Spiel nach vorne und verlor den Ball mehrfach, was Steaua wieder Möglichkeit gab und keine Ruhe brachte. Die Achtelfinals in der Champions League sind nun nur noch mit einem Kraftakt auswärts gegen Schalke und daheim gegen Chelsea möglich. Vorausgesetzt man holt den Dreier im nächsten Heimspiel gegen Steaua. Auch ein Überwintern in der Europa League ist für einen Schweizer Klub nach wie vor eine grosse Leistung. Wer aber Chelsea in London schlägt, darf mehr erhoffen.
Abgerechnet wird am Schluss, aber die Weisheit bleibt, dass Erfolge den Spielern und Misserfolge den Trainern gehören.
Der FC Basel läuft gegen Ende der Spielzeit auf dem Zahnfleisch. Im Vergleich zum Rest der Schweizer Liga hat das Team von Murat Yakin rund 20 Spiele mehr in den Knochen. In Deutschland ist das mehr als eine Hinrunde! Kein Wunder stottert der Motor nun und kein Wunder ist die Selbstverständlichkeit und der Angriffsfussball nur noch ein Schatten seiner Selbst. Deshalb redet auch niemand von einem Wunder, wenn der zurzeit zweitbeste Klub der Schweiz (GCZ) den Cupsieg in Penaltyschiessen holt. Da muss keine Welt zusammenbrechen, noch braucht es deswegen Krisensitzungen auf der Geschäftsstelle des FCB.
Trotzdem hat sich gestern etwas abgezeichnet, was richtungsweisend sein kann. Ständig spielt der FCB mit einer Mannschaft am Rande des Sättigungsgrades. Es ist den Verantwortlichen zu verdanken, dass man die Grenze bisher nicht nachhaltig überschritten hat. Trainerwechsel und Spielerzukäufe brachten immer wieder neue Impulse. Doch nun sehen sich die Verantwortlichen im Hinblick auf die neue Saison vor Herausforderungen. Der Meistertitel wird sich die Mannschaft kaum mehr nehmen lassen, die Champions-League Qualifikation kann zumindest im Hintergrund geplant werden. Doch was auf dem Papier toll aussehen mag, verdient einen vertieften Blick.
Die Sättigung betrifft auch die Konsumenten sprich Zuschauer. Diese zeigt sich zum Beispiel in der Tatsache, dass ein Cupfinal nach sechs Finalteilnahmen in der jüngeren Zeit nicht mehr zieht. Das Ergebnis sind viele freie Plätze im Stade de Suisse. Obwohl die Mannschaft in der Europa-League eine unglaubliche Serie an den Tag legte, füllten sich die Stadien erst, als Tottenham und Chelsea kamen. Mit einer Selbstverständlichkeit erwarten die Zuschauer heute Erfolge, Titel und Spektakel und immer mehr zeigt sich, dass nur der harte Kern, wegen dem FCB an sich ins Stadtion kommt. Solche Tendenzen sind auch Vorboten in Sachen Sponsoring. Sponsoren wie Zuschauer müssen unterhalten werden, sollen sie auch in Zukunft ihr Portemonnaie öffnen. Und hier gilt es, die richtige Strategie zwischen der Steuerung der Erwartungshaltung und der Erfüllung des Anspruches auf dem Platz, zu finden.
Sättigung gepaart mit Müdigkeit nach einer langen Saison ist aber auch in der Mannschaft zu erkennen. So hatte man zweitweise den Eindruck, dass in den letzten Monaten Meisterschaftsspiele zum leidigen Pflichtprogramm verkamen. Es wird einen Schnitt geben (Steinhöfer, Cabral, Yapi müssen sowie Stocker, Dragovic und ein überraschenderer Dritter? werden wohl gehen). Sportlich liegt es dann an Murat Yakin, die nötigen Reize zu schaffen, dass die Sättigung eben nicht eintritt und der Wille nach immer mehr Erfolg verinnerlicht und damit zum Selbstverständnis wird. Eine der heikelsten Fragen stellt sich im Sturm. Kann Marco Streller trotz angekündigter Vertragsverlängerung nochmals die Kraft und den Willen für eine weitere Saison finden, gelingt die Integration von Bobadilla und welche Jungen nach Fabian Schär schaffen den Sprung in die 1. Mannschaft.
Die Antworten darauf sind richtungsweisend und sie sind in einem Umfeld zu suchen, welches den täglichen Balanceakt der Sättigung beherrschen muss, will der FCB auch die nächsten 10 Jahre erfolgreichen Fussball spielen.
Die erste Niederlage der Meisterschaft im heimischen St. Jakob Park ist Tatsache und schon könnte man meinen, das Ende naht. „Nicht mal Fussball auf Challenge-League Niveau“ war da noch einer der netteren Kommentare, welchen man in den Medien vernahm oder gestern im Stadion zu hören bekam. Hallo? Der FCB spielt seit Wochen im 3-Tages Rhythmus, warf den ukranischen Meister, den russischen Meister und die Tottenham Hotspurs aus der Europa-League und holte in dieser Zeit den Rückstand auf das junge Team des GC Zürich auf. Ein Höhepunkt nach dem anderen wechselte sich ab und man könnte meinen, dass Einige dabei den Sinn für die Realität verloren haben: Medien und Fans.
Halten wir fest. Der FC Basel reitet seit 2002 mit einigen Unterbrüchen auf einer Welle des Erfolges. Diese in der Vereinsgeschichte aussergewöhnlichen Jahre hatten den Nebeneffekt, dass der Misserfolg in der schnellen Mediengesellschaft praktisch vergessen wurde. Vereinzelt mögen sich ältere Fans noch an Zeiten erinnern, als ein gewisser Peter Epting hauptsächlich damit beschäftigt war, zu schauen, dass der FC Basel 1893 nicht in den Konkurs schlittert. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass wir dankbar sein müssen, für das, was wir in den letzten 10 Jahren erleben durfte. Die Fans, die Medien, der Schweizer Fussball, weil er mit einen Vereins-Uefa-Koeffizienten ausgestattet ist, der es praktisch der Hälfte der Klubs erlaubt, am internationalen Geschäft zu partizipieren und zu guter letzt auch die Schweizer Fussballtalente. Sie haben endlich die Möglichkeit, sich bei einem Schweizer Spitzenklub auf europäischem Niveau zu entwickeln, bevor sie ins Ausland wechseln.
In diesem Sinne: Calm down! Geniessen wir den Fussball und schrauben wir mit jedem Erfolg die Ansprüche nicht unnötig nach oben. Um langfristig an der Spitze zu spielen, fehlen dem FCB und dem Schweizer Fussball noch einige Grundlagen. Allen voran Geld, wie zum Beispiel aus den TV-Lizenzen. Denn erst wenn der Schweizer Fussball nur die Hälfte des Gelder, welche ein durchschnittlicher Bundesliga oder Premier League Klub erhält zur Verfügung hat, kann es ihm gelingen, dauerhaft in die europäische Spitze vorzustossen, zusammen mit den bereits in einigen Klubs erfolgreich betriebenen Nachwuchsförderung sowie dem Scouting.
Bis dahin ist es ein weiter Weg und selbst wenn der FCB in dieser Saison keinen einzigen Titel holt, hat er mehr erreicht, als dies in einem Durschnittsjahr in der 120jährigen Klubgeschichte der Fall war. Das musste wieder mal gesagt werden, denn nichts ist selbstverständlich und schon gar nicht der Erfolg.