
Foto: Wimbledon.org
Nachdem Roger Federer an den letzten beiden Grand-Slam Turniere in Paris und Wimbledon bereits in der Viertelfinals die Segel gestrichen hat (notabene gegen die nachfolgenden Finalisten Söderling und Berdych), schallt es von allen Seiten Ratschläge und Meinungen zur Zukunft des „King of Tennis“. Björn Borg meint, Federer denke wohl an Rücktritt, während Tim Henmann die besten Jahre von Federer noch vor sich sieht. So habe auch er, Henmann, erst mit knapp 30 Jahren sein bestes Tennis gespielt.
Nun, ich bin kein Experte in Sachen Tennis und schon gar kein Experte in Sachen Roger Federer. Allerdings verstehe ich etwas darin, Situationen zu analysieren und danach meine Schlüsse zu ziehen. So gesehen befähigt mich dies bestens, um auch meinen Senf dazu zu geben.
Federer hat ein Problem keine Frage. Also müssen wir in der Analyse diesem Problem auf den Grund gehen. „What’s the problem“ hat ein ehemaliger Professor immer gesagt, bevor es zur Lösung diese geht. Nun das Problem ist, dass Roger Federer die Messlatte für Erfolg auf eine Höhe gesetzt hat, die er selbst kaum mehr erreichen kann. Wer über Jahre das Männertennis dominiert hat, wer 23-mal ununterbrochen einen Grand-Slam Halbfinal erreicht hat, der wird anders beurteilt als der Rest der Welt. Ein Problem dabei war auch seine Beständigkeit. Wo sind die Federer Bezwinger 2009 Dawydenko und Del Potro in diesem Jahr? Hab sie nicht gesehen. Federer ist aber immer noch dabei.
Wie aber kann dieses Problem gelöst werden? Hier wird es bereits schwieriger. Rücktritt, wie es Borg vorschlägt? Nochmals alles geben, das Letzte aus sich herausholen, um mit all den jungen Wilden mithalten zu können? Ich glaube, dass keine der beiden Varianten die Lösung für Federer ist.
Ein Rücktritt käme für einen, der dieses Spiel wie kein anderer liebt zu früh. Sich nochmals schinden, um auch im Herbst seiner Karriere nochmals alles zu gewinnen, ist wohl auch nicht realistisch, zumal er neben dem Tennisplatz auch andere Prioritäten setzt.
Die Lösung ist einfach. Nicht Federer muss sich ändern, das Publikum muss es. Der Zuschauer muss seine Erwartungen anpassen, muss auch einen Einzug in ein Viertelfinale eines Grand-Slam oder ein Sieg bei einem der kleineren Turniere wieder als das anerkennen was es ist: Eine tolle sportliche Leistung. Denn der Druck, den die Öffentlichkeit über die Jahre aufgebaut hat und dem Federer gerecht werden möchte, estimiert nur Grand-Slam Siege. Wieso also von einem, der bereits alle überflügelt hat, Dinge erwarten, denen keiner der heute in den Top 10 der ATP-Rangliste vertretenen Spieler gerecht werden kann.
Wenn Federer merkt, dass sich das Publikum an seinem Spiel und auch „einfachen“ Siegen freut, dann wird auch bei ihm der Spass zurückkommen und er wird noch den einen oder anderen Pokal in die Höhe stemmen. Es muss nicht immer ein Grand-Slam sein. Federer hat dem Tennispublikum in den letzten Jahren soviel gegeben, jetzt liegt es an diesem, dem „King of Tennis“ etwas zurückzugeben. Erst durch seine Vormachtsstellung sind die anderen Spieler besser geworden und hat sich die Qualität des Spiels erst verbessert. Es ist Zeit, dies zu anerkennen, dann werden wir alle noch lange Freue an seinem Spiel haben.