Emotionen statt Zahlen

28 02 2021

Erfolg isch nid alles im Läbe

Und dr Ciri hett sogar Spass drby

Das ka zem ney Vereinscredo wärde

Denn dr Burgener lossts aifach so syy

Bernhard Burgener ist ein Mann der Zahlen. Er hat uns schon vorgerechnet, dass wir Meister geworden wären, hätten wir nie gegen YB verloren. Oder er verweist auf den Prozentsatz junger Spieler, die Senkung der Kosten oder sicherlich auch auf die Anzahl der Verletzten, welche so manche Niederlage erklären sollen. Aber Bernhard Burgener hat kein Herz aus Stein. Ja, ich meine sogar, er hat sein rotblaubes Herz am rechten Fleck. Das Problem aber ist, er zeigt diese Emotionen nicht. Doch gerade jetzt wären sie gefragt!

So kann es nicht weiter gehen. Die Tendenz in 2021 ist eindeutig der FCB ist mehr als auf dem Weg nach unten. Platz 2 ist nur eine der so geliebten Zahlen. Spätestens nach dem Spiel gegen YB werden wir um die Europacupplätze kämpfen. Dann beginnt das grosse Zittern, um wenigstens eines der seit Jahren selbstverständlichen Ziele zu erreichen: Meister werden, Cupsieger werden, Europäisch mitspielen. Nur mit Ciriaco Sforza werden wir dieses letzte Ziel nicht erreichen. Auch er hat sein Herz zwar auf dem rechten Fleck, aber er passt nicht zum Anspruch dieser Ziele. Er erzählt davon, dass zwei bis drei junge Spieler nach der Niederlage gegen St. Gallen geweint hätte und das gut sei, weil es zeige, dass man ihnen vertrauen und Zeit geben muss. Das kann aber nicht Anspruch des FCB sein. Zumindest ist es nicht der von Bernhard Burgener kolportierte Anspruch. Seit Monaten klafft eine grossse Lücke zwischen Schein und Sein.

Bernhard Burger liebt Filme. Vielleicht, weil man sich in deren Traumwelt nicht der Realität stellen muss. Aber um es mit den Worten der Filmwelt zu sagen: eine Meisterschaft ist wie eine Netflix-Staffel, jede Serie ist ein Spieltag und bei jeder Serie wird dsa Drehbuch neu geschrieben. Damit die Anreihung von Serien aber auch zu einer Saga wird, braucht es einen Regisseur mit klaren Vorstellungen, einer Strategie und dem Blick für das Ganze.

Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass uns dieser Regisseur fehlt. Ciriaco Sforza kann die Staffel nicht zu einer Saga führen. Wir leben immer noch in der Traumwelt der letzte 20 Jahre und versuchen, alte Erfolge mit billigen Drehbüchern neu zu schreiben. Es ist Zeit für neue Geschichten, neue Emotionen und neue Visionen! Die Zeit ist da, um hinzustehen, Emotionen zu zeigen, sie rauszuschreiben und Klartext zu reden.

Entweder wollen wir dem Anspruch der vergangenen Jahre gerecht werden, dann muss sich Vieles ändern, oder aber man bekennt sich dazu, in den nächsten Jahren neu anzufangen und jeweils das Glück im Cup zu suchen sowie einen Europacupplatz zu ergattern. Als Fan kann ich mit beidem leben. Was ich nicht kann ist, wenn mir Wochenende für Wochenende die heile Welt einer alten Schnulze vorgespielt wird.

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Ja, wir haben ein Problem!

21 02 2021

Der Weg aus der Krise beginnt immer gleich. Zuerst muss man sich eingestehen, dass man ein Problem hat. Aktuell kämpfe ich gerade mit meiner Tochter und ihren Mathematik-Kenntnissen. Sie ist noch nicht dort, wo man es sich wünscht und wir müssen zusammen üben. Was aber macht sie? Sie will nicht darüber reden? Wenn ich ihr sage, dass ich ihr gerne helfen möchte und ihr die Sachen mit dem 1 x 1 erklären will, blockt sie ab. Verdrängung pur!

Genauso läuft es beim FC Basel, obwohl dort lauter Erwachsene am Werk sind. Abblocken, verdrängen, sich nicht helfen lassen wollen. Man will sich nicht eingestehen, dass man ein Problem hat. So löst man aber auch kein Problem und kommt auch nicht aus der Krise. Bernhard Burgener, Präsident der FC Basel AG, macht einen Fehler. Er sieht sich im Recht, weil ihm der Klub gehört und er deshalb auch Verantwortung trägt. Er sieht den FC Basel als privatwirtschaftliches Unternehmen. Es ist das Recht jedes privatwirtschaftlichen Unternehmens, sich von Aussen nicht reinreden zu lassen. Ob es auch gut für seine nachhaltige Entwicklung ist, bezweifle ich stark.

Selbst Unternehmen, welche weniger stark im öffentlichen Fokus stehen wie der FC Basel, müssen sich heutzutage ein Ohr an den Bedürfnissen der Kunden und der Öffentlichkeit haben. Wer glaubt, sein Geschäft losgelöst von den Ansprüchen der Gesellschaft betreiben zu können, steht langfristig auf verlorenen Posten.

Bernhard Burgener ist nicht bewusst, dass er nicht nur Verantwortung für den FCB trägt, sondern auch für eine ganze Region. Ein Fussballbverein steht mitten im gesellschaftlichen Gefüge. Er bedient sich dessen Ressourcen, gibt aber auch viel zurück. Ein Fussballverein kann nicht unabhängig davon agieren. Deshalb müssen Verantwortliche solcher Unternehmen noch stärker auf Stimmen ausserhalb des Unternehmens hören, als andere Unternehmen. Sie müssen aber nicht nur darauf hören, sondern auch in der Lage sein, sie richtig zu deuten und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Das kann man nur, wenn man auch in der Lage ist, die Ansprüche der Kunden, Fans, der Politik und letztliche der Gesellschaft als Angriff auf die persönliche Arbeit zu sehen.

Man sollte die Ansprüche der Stakeholder (wie es aus Unternehmenssicht so schön heisst) als Ansporn nehmen, das Unternehmen zukunftfähig zu machen, weiter zu entwickeln und versuchen, ihnen gerecht zu werden, ohne dass man alle Ansprüche erfüllt. Es allen Recht machen, geht nicht. Ausserdem ist es Aufgabe einer guten Unternehmensführung, aufzuzeigen, wieso es nicht immer sinnvoll ist, alle Ansprüche zu erfüllen, aber gleichzeitig glaubwürdig aufzuzeigen, dass man die Anliegen ernst nimmt.

All das macht der FCB und seine aktuelle Führung seit Jahren nicht mehr. Zu lange haben wir zugesehen. Zu lange dachte auch ich, dass mangelende Kommunikationsfähigkeit ein Problem sei. Das Problem liegt aber woanders. Es liegt daran, dass man sich nicht eingesteht, ein Problem zu haben. So finden wir nie aus der Krise.

Mein Appell richtet sich an die Personen, denen die aktuelle Führung vertraut. Diese haben die grösste Verantwortung überhaupt. Sie müssen die Verantwortlichen nicht in ihrem Kurs bestätigen, sondern versuchen, ihnen klar zu machen, sich einzugestehen, dass wir ein Problem haben. Es ist wie bei meiner Tochter. Wenn sie sich wirklich eingestanden hat, dass sie kein Rechengenie ist, kann man ihr helfen und die Mathe-Krise gemeinsam angehen.





Hat der FCB ein Loyalitätsproblem?

24 01 2021
(c) Muttenzerkurve

5’000 Jahreskarten wurden nicht erneuert. 14’000 Jahreskartenbesitzerinnen stehen zum FCB. Je nach Sichtweise kann man sich die Schlagzeile aussuchen. Logischerweise stochert man im erfolgsverwöhnten Basel in den Wunden und sucht die Gründe für die 5’000, welche nicht erneuert haben. Zumal eine Erneuerung kostenlos zu haben gewesen wäre. Ist es ein stiller Protest gegen die Führung der Aktiengesellschaft? Hat man die Verlängerung schlicht vergessen? Oder erhofft man sich im Sommer, wenn die epidemiologische Lage es wieder ermöglicht, Spiele zu besuchen, schlicht und einfach einen «besseren» Platz? Man weiss es nicht und die Basler Zeitung versucht die Antworten seit Tagen zu finden. Auf die Ergebnisse warten wir noch.

Der FCB als soziales Happening

Kurz und knapp gesagt, ist die Sachlage für mich klar: 14’000 verkaufte Jahreskarten entspricht mehr als dem «harten» Kern, welcher der FCB zu jeder Zeit zu mobilisieren vermag. Nachdem 2017 das Double geholt wurde und der FCB seit dem Cupsieg 2019 sonst titellos blieb, ist es logisch, dass man sich auch in Sachen Zuschauerzahlen wieder der Realität nähert. In den Zeiten in welcher an der 25’000 Marke gekratzt wurde, war viel Luft drin. Man wollte dazugehören, hatte Angst, was zu verpassen und eine Jahreskarte gehörte deshalb zum guten Ton. Der Matchtag war ein soziales Happening, bei welchem der Sport an zweiter Stelle stand. So war es oft auch wichtiger – speziell bei internationalen Spielen – wer die Gegner waren. Man kam nicht unbedingt des FCB willen, sondern, weil man dazugehören wollte. Im Grunde war das nicht anders, als bei unseren Wirtschaftsverbänden: man ist Einzelmitglied beim Gewerbeverband oder der Handelskammer, nur weil man beim Jahresempfang oder dem Sommerevent dabei sein will. Um Wirtschaftspolitik geht es dabei nicht.

Misserfolg und Corona

Ich mag mich noch erinnern, als ich Ende der 2000er Jahre mit Werner Schmid, dem damaligen Vorstandsmitglied des FCB, über die Zuschauerinnen sprach. Euphorisiert von den Erfolgen und den 25’000 verkauften Jahreskarten sprach er darüber, dass dies das Fundament des FCB sei. Die Basis treuer Fans, der harte Kern. Ich erwiderte damals, man solle ja nicht zu euphorisch sein, denn der harte Kern bewege sich irgendwo zwischen 4’000 und 7’000 Zuschauerinnen. Dieser harte Kern ist es, der «nur» des FCB wegen ins Stadion geht. Ob in der Nati A oder B und unabhängig vom Tabellenplatz. Glücklicherweise hielten die Erfolge weiterhin an, so dass meine Bedenken nie wirklich Realität wurden.

Dann kamen Burgener (Feindbild für den Misserfolg) und Corona. Beide zusammen wirkten wie Beschleuniger der Entwicklung, welche ich vor Jahren mit Werner Schmid diskutierte. Der FCB nähert sich wieder der Realität. Insbesondere die Massnahmen der Corona-Pandemie trugen ihren Teil zur Entsozialisierung der Jahreskartenbesitzerinnen mit dem FCB bei: Keine Matchtage, keine Happenings. Zurück bleiben jene, welche sich für den Sport und den FCB entscheiden, selbst wenn sie diesen aktuell nicht im Stadion verfolgen können.

Der FCB geniesst grossen Rückhalt

14’000 Menschen stehen nach monatelanger Fussballabstinenz zum FCB. 14’000 Menschen, die sich dazu bekennen, dass niemand grösser ist als der Verein. 14’000 Menschen sind mehr als doppelt so viel, wie der harte Kern. Hat der FCB ein Loyalitätsproblem? Nein! Der FCB hat das Problem jeder Institution, deren Basis soziale Kontakte sind. Menschen entfernen sich, weil die Basis ihrer Verbundenheit keine Herzensangelegenheit ist. Keine Frage, der FCB braucht die Unterstützung, dieser Menschen.

Einige werden wiederkommen, andere werden neu dazukommen. Dazu braucht es aber mehr als Erfolg. Wir müssen endlich diesen Virus bezwingen, damit der Stadionbesuch wieder zum sozialen Happening im Leben der Menschen der Region wird! Selbstredend brauchen wir auch wieder eine sportliche Zukunft, aber damit befassen wir uns dann, wenn wir den Fussball endlich wieder live spüren können.





Was passiert mit den FCB-Jahreskarten?

30 05 2020

Jetzt wo klar ist, dass weitergespielt ist, warten über 20’000 Jahreskartenbesitzerinnen und -besitzer darauf, was mit ihren Karten passiert. Das eingenommen Geld hat der FCB schon ausgegeben, die Leistungen einer Jahreskarten wird man aber kaum in Anspruch nehmen können, Geisterspiele sei dank.

Nun, ich erwarte keine Wunder und obwohl der FCB wochenlang Szenarien spinnen konnte, sind seine Hände gebunden. Hier eine Auswahl desssen, was wir nächste Woche erwarten dürfen.

  • Vergünstigungen auf Fanshop-Artikel (denn die Artikel sind bereits bezahlt, belasten den Cash-Flow also nicht).
  • Gratiszugang auf Teleclub, um die Heimspiele im TV zu schauen.
  • Bezug eine vergünstigten (aber nicht kostenlosen) Jahreskarte in 2021.
  • Man darf den Betrag spenden und erhält dafür seinen Namen auf seinem Platz eingraviert sowie einen Ball unterschrieben von der ganzen Mannschaft.
  • (HIER KÖNNTE IHR VORSCHLAG STEHEN)

Eines ist aber sicher. Es wird KEINE Rückerstattung des bezahlten Betrages geben.





Wir haben da mal eine Frage?

15 05 2020

Screenshot_2020-05-15 Gesichtsmaske, 2-farbig rot-blau#Grösse M(1)

Geisterspiele bis im Sommer 2021. Boom! Die Aussage diverser Viro- und Epidemologen erschüttern aktuell wohl nur jene, welche vom professionellen Sport leben sowie eingefleischte Fussballfans.  Interessanterweise wird die Aussage bisher auch von keinem (Sport-)Journalisten bisher hinterfragt. Nüchtern betrachtet, geht es ja um ein faktisches Berufsverbot für Tausenden von Menschen, welche ihren Lebenserwerb im Umfeld von Grossveranstaltungen verdienen. Es betrifft den professionellen Sport, aber genauso die Event- und Kulturbranche, welche zur eigentlichen Ausübung ihres Berufes auf Zuschauerinnen und Zuschauer angewiesen ist.

Nun sind kreative Lösungen gefragt und der Bundesrat hat, zumindest im Falle des Sportes, angedeutet, sich diesen nicht zu verschliessen. Doch so kreativ braucht man ja gar nicht zu sein. Oder irre ich mich?

Grossveranstaltungen und damit auch der Besuch von Fussballspielen sind insbesondere deshalb untersagt, weil der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Gleichzeitig heisst es, dass man eine Schutzmaske tragen soll, wenn der Abstand über längere Zeit nicht eingehalten werden kann.

Was unterscheidet also den Besuch eines Fussballspiels von einer Zugfahrt von Zürich nach Lausanne? Ich sitze doch bei beiden etwas mehr als zwei Stunden mit anderen Leuten zusammen.

Wir haben deshalb da mal eine Frage:

Wieso kann man nicht einfach eine Maskenpflicht für Fussballspiele erlassen?

 

 

 

 





Aadie Bärni

3 06 2017

Wer den FCB verstehen will, der muss die Geschichte verstehen. Was den FC Basel ausmacht, hat seinen Ursprung in der Ära Benthaus. Er war es, der den FCB auch ausserhalb des gewöhnlichen Fussballvolkes bekannt machte. Er suchte und fand die Nähe der Kulturschaffenden und machte den FC Basel zu einem Massenphänomen einer ganzen Region. Bis Benthaus 1965 kam, hatte der FCB einmal die Meisterschaft und zweimal den Cup gewonnen. Mit seinen sieben Titel schuf Benthaus den Mythos, von dem seine Nachfolger heute zehren. Eigentlich gebührt ihm nicht weniger Anerkennung, als einem Bernhard Heusler.

Was die nachfolgenden Generationen und speziell die Ära Heusler & Co. auszeichnete, ist die Tatsache, dass sie es verstanden, was den FCB ausmacht. Sie investierten nicht nur Unsummen in Spieler und professionelle Strukturen, sondern waren sich der Macht der Geschichte bewusst. Die Ehrung alter und vergangener Spieler, die Rückbesinnung auf Zeiten, in denen Erfolg nicht selbstverständlich war und die Perfektionierung der Legendenbildung war ihr Verdienst. Sie taten dies in erster Linie, weil sie Menschen respektieren und damit auch den Erfolg und die Errungenschaften der Vergangenheit.

In einer schnelllebigen Zeit haben wir selten etwas, was wirklich bleibt. Wir eilen von Ereignis zu Ereignis und schauen kaum zurück. Beim FCB ist dies anders und dass macht den feinen Unterschied aus. Die Vergangenheit lässt einem erst die Gegenwart schätzen und einordnen. Sie ist es, welche Emotionen nicht nur oberflächlich, sondern tief im Herzen auslöst.

Neulich war ich beim grossen FC Bayern: 76’000 Zuschauer, grandiose Stimmung, durchorganisiertes Spektakel. In einem der Fanlieder heisst es: „Erfolg ist alles was zählt“. Kein Wunder hat man dort als Spieler und Trainer das Gefühl, der beste zu sein. „Mia san mia“. Bei unserem FCB heisst es „Erfolg isch nid alles im läbe“. Da ist er wieder, dieser Unterschied zwischen Oberflächlichkeit und Tiefgründigkeit, zwischen Begeisterung und Liebe, zwischen Emotion und Empathie.

Heusler & Co. Haben die Ära Benthaus auf ein neues Niveau gehievt. Es liegt nun in den Händen der Nachfolger, sorgsam damit umzugehen. Nicht nur in sportlicher Hinsicht, sondern auch in menschlicher. Der FCB gehört allen und ist für alle da. Deshalb ist es auch eine Freude, dass wir für einmal nicht in zur späten Nachtstunde, sondern mit der ganzen Familie, mit Jung und Alt bei Tageslicht feiern.

Angst macht mir für die Zukunft nur eines: wie schaffen wir es, unsere nach 2002 geborenen Kindern beizubringen, was mit dem Ausdruck „Erfolg isch nid alles im läbe“ gemeint ist. Auf der anderen Seite mag diese Angst unbegründet sein. Wenn wir die Geschichte beim FCB auch in den kommenden Jahren respektieren und ehren, wird auch das kein Problem sein.





(W)Alter ist nicht das Problem

26 08 2015

Aus der Traum von der Champions-League. Nicht verloren und doch nichts erreicht. Der FCB scheiterte an den aufopfernd kämpfenden aber spielerisch bescheidenen Israelis von Maccabi Tel Aviv. Die Schuldigen für die beiden Unentschieden sind schnell gefunden. Es sind die Innenverteidiger mit den Namen Daniel Hoegh (jung und international unerfahren) sowie Walter Samuel (alt und international sehr erfahren). Die Kritik ist ok, wenn man es nach dem Massstab misst, dass Verteidiger Tore verhindern müssen. Dann müsste man aber auch Stürmer und Mittelfeldspieler nach dem Massstab bemessen, dass sie Tore schiessen und für die Offensive Impulse setzen sollten. Auch das war in beiden Spielen kaum der Fall.

Es liegt nicht an Daniel Hoegh, dass der FCB im Hinspiel nach 15 Minuten nicht schon 2:0 führt und auch nicht an Walter Samuel, dass es dem FCB nicht gelingt, nach Zahavis Ausgleich zu reagieren. Im Gegenteil: Walter Samuel machte als Verteidiger mit seinen genauen und weiten Pässen mehr für die Offensive, als Daniel Hoegh, welcher hier noch in einem Lernprozess steckt.

Ich teile deshalb die Meinung nicht, dass es ein Fehler war, Samuel für Hoegh zu bringen. Wenn ich überhaupt Urs Fischer etwas vorwerfend möchte, dann die Tatsache, dass er in beiden Spielen resp. nach dem Ausscheiden von Janko nicht auf Ajeti setzte. Er ist jung und unerfahren, ok. Aber er ist ein Strafraumspieler und wir haben gesehen, dass Embolo gerade gegen die Israelis eigentlich dann am stärksten war, wenn er über die Flügel kam und dort hätte auch ein unerfahrener Stürmer wie Ajeti in solchen Spielen mal seinen Fuss reingehalten und wir müssten nicht darüber lamentieren, dass wir nun Europa League spielen.

Aber was heisst lamentieren! Es ist lamentieren auf hohem Niveau. Die Europa League hat in den letzten Jahren bewiesen, dass sie fussballerisch manchmal fast spannender ist. Grosse Namen versprechen noch lange keine grossen Spiele. Deshalb mag die Enttäuschung gestern gross gewesen sein, aber schon heute gilt es, in der Europa League für Furore zu sorgen. Ein Final in Basel wäre nicht schlecht und sportlich wertvoller, als ein ehrenvolles Ausscheiden in der Champions League Gruppenphase.

 





Ein Plädoyer gegen die Saisonvorschau

17 07 2015

Nun ist es wieder soweit. Seit Tagen geistert eine journalistische Standardübung durch den Blätterwald: die Saisonvorschau, meist gepaart mit einer Rangliste. Dies ist in etwa so unnötig wie

  • ein Blinddarm
  • eine leere WC-Papierrolle nach einer grösseren Sitzung
  • ein Kaffeefleck auf dem weissen Hemd vor einem wichtigen Kundenmeeting
  • Stäbchen zu Spareribs
  • ein CLA Shooting Brake
  • alkoholfreies Bier bei einem Championsleague-Spiel
  • ein Tor von Filipescu in der 93. Minute

Interessiert es einen Basler, ob Vaduz 10. oder 9. wird? Kräht in Luzern ein Hahn danach, wenn man Thun auf Platz 5 sieht oder erwartet in Bern tatsächlich jemand was anderes als Platz 2 (Antwort siehe P.S.)?

Das wollte ich einfach mal loswerden, bevor wir uns wieder aufs Wesentliche konzentrieren können: den Duft von frisch gemähtem Rasen und das Zischen, wenn der Ball im Netz landet.

P.S. Laut einer repräsentativen Umfrage glauben 99% der Berner, 98% der Basler, 80% der Zürcher, 77% der Walliser, 55% der St. Galler, 40% der Hoppers, 25% der Thuner, 15% der Luzerner und 2 % Luganesi, dass ihre Mannschaft den Titel holt. 100% der Liechtensteiner sind überzeugt, dass Vaduz wieder Liechtensteinischer Cupsieger wird.





FCB Fan chasch nid wärde

19 06 2015

Urs Fischer heisst der neue Trainer des FC Basel. „Guter Entscheid!“ „Fischer, nie eine vo uns“: diese beiden Reaktionen spiegeln in etwa des Spektrums der zig-tausend Basler Fussballvolkexperten wieder. Um es mit den Worten der Fussballromantiker zu sagen: „FCB chasch nid wärde, FCB Fän das muesch sy“. Punkt! Niemand hat davon geredet, dass man als FCB Spieler oder sogar FCB-Trainer geboren wird. Die Ära der Streller, Frei, Huggel und Degens ist vorbei. Sie war einzigartig und wird es auf Jahre auch bleiben. Sind Gonzalez, Gashi, Frei, Vaclik, Elneny, Delgado, Samuel und wie sie alle heissen, „eine vo uns“? Nein. Identifizieren Sie sich mit dem Klub, seiner Geschichte und seiner Philosophie? Ja und das zählt.

Urs Fischer verdient Kredit. Er muss „keiner von uns“ werden, aber er wird mit Leib und Seele die FCB-Philosophie nach Innen und Aussen tragen. Das traue ich ihm zu. Die Chance, dass er nach sechs Jahren der erste FCB-Trainer wird, der keinen Meistertitel holt, ist schon rein statistisch mit einer grossen Wahrscheinlichkeit versehen. Doch das ist zweitrangig. Viel wichtiger ist, dass in der mit den Erfolgen immer grösser gewordenen FCB-Fanschar wieder die Erkenntnis wächst, dass der FCB schlussendlich auch nur ein Klub ist, der 90% seiner täglichen Arbeit in der Schweizer Super League spielt.

Das Wichtigste überhaupt aber ist, dass für Urs Fischer all das, was ich vor einem Jahr über Paulo Sousa geschrieben habe, NICHT gilt.

„Wüsse, wohär me kunnt; schätze was me hett“ hiess es mal auf einer Choreo der Muttenzerkurve. Es wird Zeit, dass man sich dieser Worte wieder erinnert.

 





Paulo Sousa, ein Charakterlump?

30 04 2015

Sousa

Der FC Basel steuert ungefährdet auf den sechsten Meistertitel in Serie hin. Trotzdem gibt es auch neben dem Platz viel zu reden. Paulo Sousa, Portugiese und trainertechnisch gesehen ein Nomade, beschäftigt sich bereits nach einem Jahr mit dem Weiterzug seiner Karawane. Es soll nach Italien gehen, so liest man. Im Allgemeinen steht Loyalität heute im normalen Berufsleben nicht mehr zuoberst. Karrieresprünge sind oft nur über Wechsel möglich, wieso soll es also im Fussball anders sein.

Paulo Sousa hat sich nie richtig in Basel eingelebt. Das versprochene Deutsch hat er nie gelernt, wohlwissend, dass sein Ziel ein grosser Klub in Italien oder England ist. Wieso soll er auch bleiben? Nach 6 Titeln in Serie kann er als Trainer nur verlieren. Ausserdem steht in der Championsleague wohl der Gang durch die Qualifikation an. Wenn er kühl rechnet, dann weiss er, dass sein Marktwert nie besser als heute ist.

Beim FCB setzen Sie seit der Ära Gross eh nicht mehr auf langfristig engagierte Trainer. Das System steht über dem Einzelnen und soll deshalb dem heutigen Zeitgeist vorbeugen, damit der Wechsel des Übungsleiters nicht den ganzen Klub durcheinander bringt. Der FCB kann diesen Sommer beweisen, dass er dieses System zur Perfektion beherrscht und Martin Andermatt als Nachfolger von Paulo Sousa präsentieren.