5’000 Jahreskarten wurden nicht erneuert. 14’000 Jahreskartenbesitzerinnen stehen zum FCB. Je nach Sichtweise kann man sich die Schlagzeile aussuchen. Logischerweise stochert man im erfolgsverwöhnten Basel in den Wunden und sucht die Gründe für die 5’000, welche nicht erneuert haben. Zumal eine Erneuerung kostenlos zu haben gewesen wäre. Ist es ein stiller Protest gegen die Führung der Aktiengesellschaft? Hat man die Verlängerung schlicht vergessen? Oder erhofft man sich im Sommer, wenn die epidemiologische Lage es wieder ermöglicht, Spiele zu besuchen, schlicht und einfach einen «besseren» Platz? Man weiss es nicht und die Basler Zeitung versucht die Antworten seit Tagen zu finden. Auf die Ergebnisse warten wir noch.
Der FCB als soziales Happening
Kurz und knapp gesagt, ist die Sachlage für mich klar: 14’000 verkaufte Jahreskarten entspricht mehr als dem «harten» Kern, welcher der FCB zu jeder Zeit zu mobilisieren vermag. Nachdem 2017 das Double geholt wurde und der FCB seit dem Cupsieg 2019 sonst titellos blieb, ist es logisch, dass man sich auch in Sachen Zuschauerzahlen wieder der Realität nähert. In den Zeiten in welcher an der 25’000 Marke gekratzt wurde, war viel Luft drin. Man wollte dazugehören, hatte Angst, was zu verpassen und eine Jahreskarte gehörte deshalb zum guten Ton. Der Matchtag war ein soziales Happening, bei welchem der Sport an zweiter Stelle stand. So war es oft auch wichtiger – speziell bei internationalen Spielen – wer die Gegner waren. Man kam nicht unbedingt des FCB willen, sondern, weil man dazugehören wollte. Im Grunde war das nicht anders, als bei unseren Wirtschaftsverbänden: man ist Einzelmitglied beim Gewerbeverband oder der Handelskammer, nur weil man beim Jahresempfang oder dem Sommerevent dabei sein will. Um Wirtschaftspolitik geht es dabei nicht.
Misserfolg und Corona
Ich mag mich noch erinnern, als ich Ende der 2000er Jahre mit Werner Schmid, dem damaligen Vorstandsmitglied des FCB, über die Zuschauerinnen sprach. Euphorisiert von den Erfolgen und den 25’000 verkauften Jahreskarten sprach er darüber, dass dies das Fundament des FCB sei. Die Basis treuer Fans, der harte Kern. Ich erwiderte damals, man solle ja nicht zu euphorisch sein, denn der harte Kern bewege sich irgendwo zwischen 4’000 und 7’000 Zuschauerinnen. Dieser harte Kern ist es, der «nur» des FCB wegen ins Stadion geht. Ob in der Nati A oder B und unabhängig vom Tabellenplatz. Glücklicherweise hielten die Erfolge weiterhin an, so dass meine Bedenken nie wirklich Realität wurden.
Dann kamen Burgener (Feindbild für den Misserfolg) und Corona. Beide zusammen wirkten wie Beschleuniger der Entwicklung, welche ich vor Jahren mit Werner Schmid diskutierte. Der FCB nähert sich wieder der Realität. Insbesondere die Massnahmen der Corona-Pandemie trugen ihren Teil zur Entsozialisierung der Jahreskartenbesitzerinnen mit dem FCB bei: Keine Matchtage, keine Happenings. Zurück bleiben jene, welche sich für den Sport und den FCB entscheiden, selbst wenn sie diesen aktuell nicht im Stadion verfolgen können.
Der FCB geniesst grossen Rückhalt
14’000 Menschen stehen nach monatelanger Fussballabstinenz zum FCB. 14’000 Menschen, die sich dazu bekennen, dass niemand grösser ist als der Verein. 14’000 Menschen sind mehr als doppelt so viel, wie der harte Kern. Hat der FCB ein Loyalitätsproblem? Nein! Der FCB hat das Problem jeder Institution, deren Basis soziale Kontakte sind. Menschen entfernen sich, weil die Basis ihrer Verbundenheit keine Herzensangelegenheit ist. Keine Frage, der FCB braucht die Unterstützung, dieser Menschen.
Einige werden wiederkommen, andere werden neu dazukommen. Dazu braucht es aber mehr als Erfolg. Wir müssen endlich diesen Virus bezwingen, damit der Stadionbesuch wieder zum sozialen Happening im Leben der Menschen der Region wird! Selbstredend brauchen wir auch wieder eine sportliche Zukunft, aber damit befassen wir uns dann, wenn wir den Fussball endlich wieder live spüren können.